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Interview mit Christoph Etzlstorfer

Der Mensch Christoph Etzlstorfer

Christoph Etzlstorfer ist ein Mensch, bei dem nicht nur das Schicksal Spuren hinterlassen hat, sondern der seinerseits Spuren hinterlässt. 1981, mit 17 Jahren, wurde er nach einem Turnunfall in der Schule abrupt aus dem „normalen” Leben herausgerissen, als sein siebter Halswirbel brach und er seitdem mit einer Querschnittlähmung im Rollstuhl saß. Danach ging er, und das ist nicht überraschend, durch eine intensive Zeit der Krise, voller Selbstzweifel, Jammern und Klagen. Doch die entscheidenden Dinge passieren in der Krise, und es gelang Christoph in erstaunlich kurzer Zeit, die Lebenszügel wieder in die eigenen Hände zu nehmen. Er begann das zu tun, was er fortan immer tun sollte: Er fasste Hoffnung, er entwickelte Visionen, er setzte sich hochgesteckte, aber realistische Ziele, er arbeitet konsequent und diszipliniert an deren Umsetzung. Er begann mit dem Leistungssport und bestritt bereits 1982 seine ersten Rollstuhl-Rennen. Seit 1984 nahm er in ununterbrochener Folge siebenmal an den Paralympics teil. In diesen 25 Jahren hat er viele Weltrekorde aufgestellt, wurde dreimal Weltmeister und einmal Paralympicssieger (das entsprichte einem Olympiasieg bei den nichtbehinderten Sportler). Er hat sich damit nicht nur selber ein sportliches Denkmal gesetzt, er war auch insgesamt Wegbereiter und Galionsfigur für den Behindertensport in Österreich.

Das allein wären bereits genug Spuren, die ein Mensch hinterlassen kann. Der Mensch Christoph Etzlstorfer wirkt aber ganzheitlicher. Er investiert nicht nur in sich und seine eigenen Erfolge, er versucht genauso sein Wissen und seine Erfahrungen nutzbringend an andere weiter zu geben. So trainiert er einerseits andere Behindertensportler und hilft ihnen so, die eigenen Erfolge zu steigern. Andererseits hält er viele spannende Vorträge für den Managementbereich, in denen er authentisch und glaubhaft über die wesentlichen Dinge des Lebens spricht. Genau dieser Aspekt wird seine Spuren dauerhaft werden lassen …

Das Interview
Das folgende Interview durfte ich am 13.5.2009 mit Christoph Etzlstorfer führen. Ich kenne ihn noch aus meiner eigenen Studienzeit, als wir uns gelegentlich im Fitnessraum der JKU trafen. Christoph ist seit 1991 als Assistent am Institut für Organische Chemie angestellt.

Robert Steinbauer: Hallo Christoph. Danke, dass du dir für dieses Gespräch Zeit genommen hast. Wenn man deine Homepage besucht, ist man ja beeindruckt, wem du sonst Interviews gibst. Gleich zu Beginn: Welchen Stellenwert hat der Sport und der Erfolg heute für dich?

Christoph: Meine große Leidenschaft gilt dem Sport in allen Facetten, aktiv betreibe ich Handbike-Fahren, zum Ausgleich noch den Teamsport Rollstuhlrugby.

Robert Steinbauer: Aber da wart ihr „so nebenbei” auch dreimal österreichischer Meister (2005, 2006, 2008). Wieviel trainierst du heute noch?

Christoph: Es sind schon noch 15-20 Stunden in der Woche. Aber im Gegensatz zu früher, steht heute nicht mehr der absolute Siegesgedanke im Vordergrund. Ich bestreite auch nicht mehr so viele Vorbereitungsrennen mehr wie früher. Wenn ich jetzt zu einem Wettkampf fahre, dann will ich auch etwas von Land und Leuten und von der Umgebung mitbekommen.

Ich bin jetzt 45 Jahre alt. Das ist in unserer Sportart aber nicht ganz vergleichbar mit dem „normalen” Spitzensport. Bei uns kann man bis 50 noch Erfolge haben und sogar noch siegen.

Robert Steinbauer: Was ist der Grund dafür?

Christoph: Einerseits gibt es einfach viel weniger Behindertensportler, daher ist auch die Dichte nicht so groß. Andererseits beginnen die Athleten in der Regel auch später mit dem harten Wettkampftraining (eben erst nach der Verletzung und der Rehabilitation). Damit ist der Körper mit 40 - 50 Jahren noch nicht so ausgereizt. Mehr als 25 Jahre Wettkampfsport ist aber auch bei uns eine große Ausnahme, da gibt es nur wenige andere.

Robert Steinbauer: Daneben bist du aber auch noch als Trainer tätig?

Christoph: Ja, zurzeit trainiere ich einen Kollegen. Der hat gute Voraussetzungen und hat in den letzten Jahren viele Sportarten ausprobiert und sich dabei ein wenig verzettelt. Seit ca. 6 Monaten konzentriert er sich ausschließlich auf das Handbike. Und es ist erstaunlich, wie er sich in dieser Zeit entwickelt hat. Dabei gibt es noch viel Potential und viele Ideen für weitere Verbesserungen. Für mich ist die Sache auch deshalb so spannend, weil mir das Arbeiten mit anderen Sportler auch wieder was für’s eigene Training bringt.

Robert Steinbauer: Wir beschäftigen uns auf unserer Plattform mit den Zusammenhängen zwischen Beruf, Sport und Privatbereich. Da kannst du ja auch einiges dazu sagen.

Christoph: Neben meiner Trainertätigkeit im Sport ist der Bereich Management-Consulting eine sehr spannende Angelegenheit. Ich halte pro Jahr etwa 8 bis 15 Vorträge für Firmen. Dabei zeige ich auf, wie man Erfahrungen aus dem Sport und meiner persönlichen Geschichte auf das komplexe wirtschaftliche Geschehen übertragen kann.

Robert Steinbauer: Deine Schwerpunktthemen sind, soweit ich weiß, „Motivation durch richtige Ziele und Visionen” und „Lernen aus der Krise”.

Christoph: Ja, so ungefähr. Ich versuche dabei sehr realistisch an die Sache heranzugehen. Wie oft hört man „Alles ist möglich - man muss nur fest genug daran glauben!” Das stimmt nur für wenige Ausnahmen. Für Menschen wie etwa einen Thomas Muster, Hermann Maier oder (aktuell) Barack Obama.
Im Umkehrschluss würde das aber für all die „Normalbürger”, denen eben nicht alles gelingt, bedeuten, dass sie immer selber schuld sind: Entweder haben sie es sich nicht wirklich gewünscht oder nicht fest genug daran geglaubt.
Ich versuche den erfolgreichen Weg durch das Setzen der richtigen Ziele und Visionen aufzuzeigen. Man darf und soll sich Vieles und Großes vornehmen, man muss aber auch stets auf die richtige „Dosierung”, das richtige Tempo und den notwendigen Realismus achten.

Robert Steinbauer: Das hat dann mit der richtigen Selbsteinschätzung zu tun?

Christoph: Jeder hat seine Möglichkeiten - und die sind fast immer viel größer als man es für möglich hält. Daher stimmt es schon, dass viele Grenzen im eigenen Kopf liegen. Ich versuche in meinen Vorträgen den Menschen dabei zu helfen, diese Grenzen massiv zu erweitern. Auf der anderen Seite hat jeder seinen individuellen „Rucksack” zu tragen und mit seinen kleineren oder größeren Handikaps zu leben. Diese muss man auch akzeptieren und annehmen und darf sie nicht ständig bekämpfen. Das ist sonst reine Energieverschwendung - Energie, die man viel sinnvoller einsetzen kann, indem man seine Stärken erkennt und damit arbeitet. Die eigenen Stärken sind oft schwer erkennbar und werden uns nicht bewusst, weil sie uns selbstverständlich und normal erscheinen. Das sind sie aber nicht, und dass müssen wir erkennen und diese Stärken auch entsprechend schätzen. Und damit steigt auch die eigene Wertschätzung für uns selber.

Robert Steinbauer: Das hört sich ja sehr spannend an. Wie kann man deine Vorträge buchen?

Christoph (schmunzelt): Da braucht man nun auf meine neue Homepage zu schauen: www.erfolgslauf.at, da findet man alle Informationen dazu.