Denn das Schöne liegt so nah!

Heuer laufe ich nach 2014 wieder den Moldaustausee-Marathon. Ganz nahe der Grenze zu Oberösterreich sind Start und Ziel in Loučovice (dt. Kienberg) an der Moldau. Dieser Marathon findet auch 2015 am selben Tag statt wie der NYC-Marathon, hier aber habe ich Heimschläfer-Status.

Prachtvolles Wetter schon vom frühen Morgen an. In Vorderweißenbach hat es um halb 9 bereits 12°C. Die beiden tschechischen Grenzer in Guglwald winken mich durch. Raureif auf den Wiesen dann am Weg runter zum See nach Přední Výtoň (dt. Vorder Heuraffl). Die Temperatur fällt, bald nur mehr 3°C. Nach der Staumauer im Tal der Moldau gar nur mehr 2°C. Dort wo die Sonne schon hinkommt dampft die Wiese, hier ist in etwa km3 der Strecke. Eine Fabrik wird abgerissen, der zerbrochene Stahlbeton sieht erbärmlich aus. Loučovice, Start um 10 Uhr, das ist in einer Stunde.

32 Marathon-Starter sind wir heute und drei 2er-Staffeln. Ich bezahle 250,- Kronen und bekomme dafür die Startnummer 24. Mit deutsch komme ich gut durch, englisch ginge auch. In der Nähe ist eine Schule, dort könnte man nach dem Rennen duschen.

Aufwärmen tu ich mich wegen der Temperatur sitzend im Auto. Ich lasse mich aufwärmen. Das Auto parkt in der Sonne, da drinnen ist es warm. Welkes Laub regnet herab. Stanislav Jančář ist auch am Start, den habe ich im Juli beim Gletscher-M in Imst getroffen. Vor ein paar Tagen ist er den HM in Untermühl gelaufen, es hat ihm sehr gut gefallen da. Ich vermisse Miroslav. Der hat seit gestern eine Schienbeinverletzung und musste einen Cross-Marathon abbrechen, weiß Stanislav.

Start in zwei Minuten! Countdown: Tři, Dvě, Jedna... Startabbruch. Unmittelbar darauf der zweite Versuch, der klappt. Flach beginnt es, an den Trümmern der Papierfabrik vorbei, nur mehr der Schornstein steht und wartet auf seine Sprengung. Fast alle sind auf und davon, damit habe ich gerechnet. Ein leichter Anstieg, dann geht es über die Schienen und es wird steil. Steil 20 Höhenmeter rauf und kalt, aber windstill. Ich laufe kurz/kurz mit Stirnband, es ist gut auszuhalten.

Dann wieder runter, über die Schienen. Die Sonne verdampft weiterhin den Raureif, im Schatten bleibt er noch. Eine Verbesserung gegenüber dem Vorjahr: An einer Weggabelung ist der Streckenverlauf mit pinker Farbe auf den Asphalt gesprüht worden.

Beim Kraftwerk laufe/gehe ich rauf zum Bahnhof von Lipno nad Vltavou (dt.: Lippen a.d. Moldau). Mit beachtlicher Steigung geht es weiter rauf auf die Dammkrone, 25 Höhenmeter. Der Staudamm ist zwischen 1952 – 1959 erbaut worden. Oben sollte nach 3,5km die erste Labestelle sein. Wie schon im Vorjahr existiert diese nicht, obwohl sie wieder in der Ausschreibung angeführt ist.

Heuer sehe ich es gelassen, ich habe vorgesorgt. „Shame on me if you fool me twice!“

Ich folge dem Wegweiser „Guglwald 10km“ und biege in den Uferradweg ein. Das gegenüber liegende Ufer des Sees liegt in der Sonne, ich laufe im Schatten im Wald. Ein schön asphaltierter Weg schlängelt sich am Ufer entlang, nie wirklich flach. Immer geht es ein bisschen rauf, ein bisschen runter. Bei jedem Schritt raschelt es, stellenweise liegt das Laub knöcheltief.

Kalt ist es hier wieder, 5km in pink ist am Asphalt zu lesen. Nach und nach trinke ich von meinem Powerade, erwarte ich doch schon bald Nachschub. Ein Kerl keucht hinter mir, das mag ich gar nicht. Ich gehe ein paar Schritte und lasse ihn vorbei, das ist mir lieber. Willkommen sind mir die wenigen sonnigen Abschnitte, ansonsten läuft man im Schatten. Man sieht den bunten Herbstwald am Nordufer von der Morgensonne beleuchtet.

Darüber wolkenloser, blauer Himmel. Es ist ein Genuss hier zu laufen.

Als der Strand von Přední Výtoň in Sicht kommt sehe ich da Margot auf mich warten, km9. Ich dachte, dass sie später einsteigen würde. Gert knipst und Marc händigt mir meine nächste Powerade-Flasche aus. Der Führende, bereits am Rückweg, kommt. Er ist damit etwa 4km vor mir.

Ein Schluckerl Wasser nehme ich aber schon bei der ersten Labe nach 9,3km. Nicht dass die Helferin glaubt, sie wäre überflüssig. Nun in Begleitung von Margot durchlaufe ich Přední Výtoň, um die Kirche rum und weiter, nun auf einer Straße, nicht mehr auf einem Radweg, dem See entlang. Nach und nach begegnen mir meine „Gegner“. Darunter Miroslav Kucko, der wird mich den AK-55-Sieg kosten. Dennoch ein sympathischer Bursche wie ich seit dem Pilsen-M vom vorigen Wochenende weiß.

Km10, eine gute Stunde habe ich dafür gebraucht. Es wäre recht friedlich, gäbe es da nicht drei, vier Arschlöcher die mit ihren Autos kriminell schnell an uns vorbei brausen.

Dann vor uns am rechten Straßenrand parkt ein Kombi. Wende bei 11,5km, nun zurück Richtung Staumauer. Wieder in Přední Výtoň nehme ich den Becher Wasser der mir angeboten wird.

Über die Liegewiese führt die Strecke wieder rein in den Wald. Landschaftlich wunderschön ist der Radweg angelegt. Er schlängelt sich zwischen den Bäumen durch, ab und zu eine kleine Brücke. Km15 nach 1h31. Das Plaudern mit Margot macht es recht kurzweilig, mein erstes PowerGel ist fällig.

Bei km19 an der Staumauer erwarten uns schon wieder Gert und Marc. Wir laufen rüber auf die andere Seite des Sees, da ist eine offizielle Labestelle mit Wasser, Iso und Bananen. Ich schnappe mir ein Stück Banane und laufe weiter. Es geht gleich einmal am Waldrand rauf, dann quer über eine Wiese und wieder runter zum Wasser, alles auf Asphalt. Nun sind wir voll in der Sonne. Die „Adalbert Stifter“ schwimmt noch im Wasser, voriges Jahr um diese Zeit war dieses ehemals rheinische Ausflugsschiff schon an Land.

Halbmarathon, es folgt die Marina Lipno: Bootshafen, Ferienhäuser, Fahrrad- und Tretrollerverleih, im Café gibt es auch Speiseeis (cz: Zmrzlina). Nun ist es fast sommerlich warm. Ich deponiere mein Stirnband vom Wolfgangseelauf bei einem Mülleimer. Sollte es am Rückweg noch da sein, würde ich es mitnehmen. Ein paar lang gezogene Anstiege folgen. Der Weg führt vom Seeufer weg, wir weichen eine Campingplatz aus und müssen rauf zur Straße.

Da oben ein Wasserstelle. Ein sehr irisch aussehender Bub füllt aus einem Plastikkanister Wasser in Becher. Unsere Danksagung nimmt er regungslos entgegen. Weiter in den Wald, links rauf auf eine kleine Aussichtsplattform, von da hat man einen herrlichen Ausblick auf den See. So schön es ist, auf die Dauer spüre ich die Anstrengung in den Beinen.

Der Streckenverlauf hier ist grandios, links die glitzernde Wasseroberfläche, der blaue Himmel über uns ist wolkenlos, die gelben Birkenblätter leuchten kräftig. Das soll November-Wetter sein?

Dann ein scharfer Anstieg, 12%, zur Labestelle bei km28. Stanislav deutet mir, dass es nicht mehr weit ist bis zur nächsten Wende.

Der Wendepunkt in Frymburk (dt: Friedberg) ist tatsächlich nicht mehr weit, es gilt aber vor- und nachher weitere Höhenmeter zu überwinden. Der Asphalt hängt hier etwas nach links, dann geht es runter, über eine Brücke welche die Bucht überquert und es geht links runter dem Ufer entlang, an Kleingärten vorbei. Noch bevor wir zur Kirche kommen liegt ein Bursche in der Wiese und bewacht das Hütchen welches den Wendepunkt markiert, noch 13,2km.

Raus aus Frymburk und rauf, rechts am Boden die 30km-Markierung. Margot hat mittlerweile auch schon einen Halbmarathon absolviert. Zwei Teilnehmer haben auf Wandermodus umgestellt. Bei der Labestelle fülle ich Wasser in meine Flasche.

Die Anstiege gehe ich, ich bin beim Kräfte sammeln. Wir kommen wieder zu dem Buben mit dem Plastikkanister, wenig später treffen wir auf Gert und Marc. Wir sind bei km34, den hohen LEGO-Saurier gibt es heuer nicht mehr. Ich quetsche meinen zweiten PowerGel-Beutel aus.

Runter fast bis ans Ufer, dann den Hang rauf und schließlich wieder runter ans Seeufer, das in praller Sonne. Mein Stirnband in der Marina Lipno ist weg, es hat einen neuen Besitzer gefunden.

Meine Beinmuskulatur hat sich erholt, die letzten Anstiege vor der Staumauer kann ich schon wieder durchlaufen. Bei der dortigen Labestelle tanke ich erneut Wasser, vom privaten Betreuerteam bekomme ich einen großen Schluck Powerade. Das wird reichen. Keine 4km mehr.

Es geht steil runter ins Tal der Moldau, rechts das Kraftwerk, dann am Bahnhof vorbei. Da in dem Kältesee ist es noch immer beinahe winterlich kalt.

Über die Schienen, Anstieg und schließlich steil runter, km40. Erneut über die Schienen, dann geht es flach rein zum Ziel. Am verloren da stehenden Schornstein geht es vorbei, es ist nicht mehr weit.

Gleisarbeiter sind bei der Arbeit, da wird so bald kein Zug fahren. Das Ziel kommt in Sicht, wir werden angefeuert. Ich muss 50m am Ziel vorbeilaufen, dann eine Spitzkehre, Marc läuft mit Margot und mir ins „Cíl“. Das bedeutet 33 gelaufene km für Margot und Rang 26 für mich. Der 27. und 28. kommen 34min(!) nach uns ins Ziel. Nach hinten war mein Platz also gut abgesichert. 31 Marathonfinisher gibt es heute in Loučovice, darunter 4 Damen.

Kaum im Ziel erhalte ich eine Keramik-Medaille um den Hals, der Veranstalter gratuliert mir.

Wir brauchen eine Stärkung. Vor lauter süßem Zeug und Wasser muss es etwas mit Gehalt sein. In meinem Fall sind es ein Steak und alkholfreies Budweiser.

 

Startgeld: CZK 200,- bis 250,- eine Keramik-Finishermedaille,

Labestellen mit Wasser, Iso und Bananen

Im Startersackerl: 1 Textmarker (grün), 1 Gel-Beutel

Gratis Parkplatz beim Start Duschen

Anreise ab Linz: weniger als 1 Stunde