Ciudad Genial!

Vor einem Jahr war ich mit Evi in Málaga. Marathon, what else? Heuer wieder, diesmal mit Günther Aigner. Der Entschluss fiel kurzfristig und einstimmig. Am Münchener Flughafen treffen wir zufällig auf Judith Strack und Andreas Bettingen, die heuer die Reportage auf marathon4you.de machen werden. Nach zweieinhalbstündigem Flug empfangen uns ins Andalusien 16°C.

Mit dem Taxi geht es ins Stadtzentrum, dort haben wir ein Apartment gemietet, die Rezeption ist nur stundenweise besetzt. Schließlich erscheint Tomás und wir können einchecken. Günther und ich machen einen ersten Erkundungsspaziergang. Das größte transportierbare Riesenrad, das „Mirador Princess“ ist für ein paar Monate in der Stadt. 70m hoch ist es, 25 Sattelschlepper braucht es für einen Ortswechsel. Wir sehen uns die 570.000-Einwohnerstadt von oben an. Beinahe täglich kommen +/- 2.000 frische Tagesgäste von den diversen Kreuzfahrtschiffen dazu.

Nach einem Hafenspaziergang und Abendessen in einem Lokal am Strand nehmen wir zum Sportpalast (Palacio de Deportes José María Martín Carpena) die Metro. Viel Platz ist dort für die wenigen Aussteller. Ich werde mit Start-Nr. 3600 laufen, das ist die höchste morgen überhaupt. Bei meinem letzten Marathon in Rauchwart vor vier Wochen hatte ich ganz im Gegenteil die allerniedrigste. Außerdem gibt es ein passendes Funktionsshirt in quietschgrün und grellorange, dazu ein Spielzeugauto das sich als wireless Mouse herausstellt.

Wieder in der Innenstadt fällt mir auf, dass die im Vorjahr neue Weihnachtsbeleuchtung abermals ersetzt worden ist. In der Haupteinkaufsstraße (Calle Marqués de Larios) erinnert die Beleuchtung nun nicht mehr an eine gotische Kathedrale, eher an einen Zeittunnel aus Licht, wie man ihn in Science-Fiction-Filmen darstellt. Ganz anders heuer, aber auch sehr schön!

Renntag, 6. Dezember

Abmarsch vom Hotel um 07h45, es ist noch stockdunkel, dafür scheint abends die Sonne bis 17h45. Malaga liegt um einiges westlicher als London, hat aber die gleiche Uhrzeit wie Österreich. 12°C zeigt das Thermometer, es ist bewölkt. In wenigen Minuten sind wir am Hafen, dort ist die Kleiderbeutelabgabe im neuen Centre Pompidou, von da ist es nicht mehr weit zur Startaufstellung auf dem Paseo del Parque. Das ist eine 6-spurige Straße und die Ost-West-Hauptverkehrsachse der Stadt. Heute ist es auch die Start- und Zielgerade.

Am Weg zum Start fällt uns ein Portugiese auf. Sein Shirt kündet von 300 Marathons, davon 30 in New York und 23 in Lissabon. Bei Günther und mir wartet ein Rudel Italiener aufs Startzeichen, das aus seiner Herkunft kein Geheimnis macht. Auf den Shirts sind italienische Fahne und Name zu sehen: Giacomix, Fux, Ante, Peppo…

Dann Countdown, Start um halb 9. Wir setzen uns in Bewegung, am neubarocken Rathaus vorbei, dahinter die Alcazaba. Das ist eine Festung, sie wurde im 11. Jhdt von den Mauren erbaut und zieht sich den Monte Gibralfaro rauf. Da war die Stadt schon fast 2.000 Jahre alt, sie wurde seinerzeit von den Phöniziern gegründet.

Von einem Kreisverkehr abgesehen geht es geradeaus los, durch die weit ausladenden Äste der Bäume an der Alameda Principal. Auch diese Allee hat einen neuen Weihnachtsschmuck.

Bei km1 über das Bett des Rio Guadalmedina und dann für 2km leicht ansteigend die Avenida de Andalucía rauf. Wie uns Peppo mitinformiert, laufen wir den km in 5’33.

Ein Rechtsknick bei km3, weiter etwa 200m ansteigend, dann ein U-turn und runter in eine Unterführung, direkt auf die Küste zu. Bei km5 gibt es Wasser in Flaschen, nach weiteren 500m sind wir an der Hafenstraße und laufen links stadteinwärts, rechts von uns das Meer.

Als ich bei km7 um zu trinken ein paar Schritte gehe, ist Günther dahin. Bei km8 werden die Zuseher und Anfeuerungsrufe mehr, sind wir hier doch am Hafen und somit ganz in der Nähe vom Start. Links von uns der botanische Garten mit fantastischen Gewächsen wie riesigen Bananenstauden, Palmenarten, Flaschenbäumen, enormen Gummibäumen, Schwieger- mutterzungen und vielen anderen exotischen Pflanzen. Im Hafen liegt u. a. die neuntgrößte Privatjacht der Welt vor Anker. „Octopus“ steht drauf, dunkelblau ist sie. Und 126m lang, wie Günther abends dem Internet entlockte.

Ein leichter Anstieg, links ein Blick auf die Stierkampfarena, dann sind wir am Strand. Als ich nach 57min bei der km10-Labe dem Günther fast auf die Fersen trete, ist auf der Gegenspur km19. Das Thermometer zeigt 15°C. Die Strecke folgt im Wesentlichen weiterhin dem Küstenverlauf und das mit geringfügigen Aufs und Abs. Diesen Teil kenne ich schon aus dem Vorjahr als ich knipsender Weise unterwegs war, da schien die Sonne.

Wenig später begegnen mir die schnellsten der etwa 3.000 Marathonläufer. Was mich in Erstaunen versetzt, wie viele Läufer hinter dem 3h00-Schrittmacher herlaufen bzw. später dem 3h15-Pacer folgen können. Letztlich werden 160 Läufer mit einer Laufzeit von unter 3 Stunden das Ziel erreichen! Danny the Legend ist heuer auch wieder dabei, er läuft gerade seinen 600. Marathon. Freiwillige auf Rollschuhen sind im Läuferfeld unterwegs und achten auf Läufer, die vielleicht gerade Hilfe brauchen.

Die Palmen werden weniger, die Häuser unattraktiver. Bei km12 bekommt man vom nahen Mittelmeer nichts mehr mit. Kurz vor der 180°-Kehre sehe ich Günther auf mich zukommen, U-turn, da spielt die Blasmusik. Für die ersten 15km habe ich 1h26 benötigt, aber ich habe schon schwere Beine. Insbesondere der rechte Oberschenkel bereitet mir Sorgen, das Tempo werde ich nicht halten können.

Es sind doch noch einige Leute hinter mehr. Nach und nach werden sie weniger, bis schließlich der Besenwagen daherrollt. Begleitet von Ambulanzen und Autos des Veranstalters. Als die vorbei sind, ist die Straße wieder besenrein. Dann kommt auch schon der Individualverkehr daher.

16°C, km19, wieder der kleine Anstieg und zwischen Hafen und Botanischem Garten durch. Noch immer ist es windstill, kurz nach Halbmarathon wieder eine Labe. „Ánimo!“ oder „Venga!“ oder „Campeón!“ höre ich vom Streckenrand.

Ich spüle mein „Sport Biofrutal 30g“ hinunter, soll 100% ecologico sein. Hoffentlich hilft es, meine Schritte sind kürzer geworden.

Die nächsten 5km geht es gerade aus. Neubaugebiet, eine 4-spurige Straße, bestückt mit Radarkästen. Bei km24 kommt nun tatsächlich die Sonne raus. 1km weiter gibt es keine Becher mehr bei der Labestelle, die Helfer händigen 6,5-Liter Flaschen aus. Gut, dass ich wieder eine Powerade-Flasche dabei habe, die kann ich mir auffüllen.

Am Rio Guadalhorce, ganz im Westen der Strecke laufen wir einen Rechtsknick zur Sporthalle Palacio de Deportes José María Martín Carpena. Bevor wir dahin kommen geht es runter auf die Laufbahn eines Sportplatzes. Diese ist nicht aus Tartan, sondern aus einem Gewebe, auf die Stossdämpfung habe ich mich umsonst gefreut. Eine Kontrollzeit wird genommen, 2h46 für 27,67km und es geht wieder raus und rauf auf die Straße.

Bei dieser Labe läuft der 4h15-Schrittmacher an mir vorbei, während ich meine Flasche wieder auffülle.

Es geht unter der Avenida de Velázquez durch, ein paar Höhenmeter sind das wieder. Nun im Schatten der Häuser stört die wärmende Sonne nicht weiter. Es geht wieder Richtung Innenstadt und immer öfters müssen wir uns die Straße mit dem Autoverkehr teilen der mehr steht als fährt. Endgültig geparkt wurde ein Citroën, der ist unlängst in die kniehohen Betonwände des Mittelstreifens geknallt. Zwei Leute sind im Fond und packen ihren Kram zusammen.

Die Aufs und Abs häufen sich wieder. Einem begleitenden Radfahrer fällt mein unrunder Laufstil auf, er bietet wir einen Spray an für meine Muskeln, ich lehne dankend ab. Rundum wird aber heftig gesprayt.

Der nächsten Labe sind wieder die Becher ausgegangen, dafür greife ich bei Orangen und Bananen zu. Es sind die guten Orangen. Nicht die bitteren, die so schön von den Bäumen runter leuchten. Giacomo aus dem Italiener-Rudel läuft eine Weile mit mir. Giacomix steht am Shirt, das dürfte sein Kampfname sein.

Beim Stadion des FC Málaga fehlen mir nur mehr 4km bis ins Ziel. Bei der Labestelle gibt es Wasser in großen Flaschen, keine Becher mehr und kein Iso. Mein Vorhaben, heuer noch einmal unter 4h20 einzulaufen, wird sich nicht mehr ausgehen. Vielleicht schaffe ich es aber meine Vorjahreszeit zu unterbieten. 2014 war es wärmer und die meisten Höhenmeter waren gegen Ende in der prallen Sonne. Wegen der Schmerzen im rechten Oberschenkel muss ich immer wieder Gehpausen einlegen, da ging es mir im Vorjahr deutlich besser.

Noch einmal über den Rio Guadalmedina, dann mit leichtem Gefälle entlang des Flusses nach Süden. Erst haben wir Läufer noch 2 Fahrspuren, km39, dann wird es enger. Wenig später geht es links ab in die Altstadt. Das maurisch anmutende Portal des Mercado de Salamanca, gefällt mir. Der Markt selber ist heute geschlossen.

Altstadt heißt Schatten, km40, Linksknick, es steigt an bis zur Plaza de la Merced. Am Platz ist gerade eine politische Kundgebung der Podemos-Partei im Gange. Daher kann man auch die auf einer Steinbank sitzende Bronzefigur von Pablo Picasso nicht erkennen, dessen Geburtshaus am nördlichen Eck des Platzes steht.

Rechts runter in die Calle Alcazabilla, zwischen dem El Pimpi und dem Teatro Romano durch. Die Absperrgitter stehen heuer enger, die Stimmung ist dichter. „Si, se puede! Si, se puede! Si, se puede!“ Schallt es mehrstimmig aus einem gut besuchten Lokal. Ja, ich kann das!

Auf ihrer südlichen Seite laufen wir an der besonders innen sehenswerten Kathedrale entlang. Nachdem man die Mauren besiegt hatte wurde ab 1528 ganze 254 Jahre lang daran gebaut. Das Geld reichte nur für einen Turm. An der Plaza del Obispo leuchten die kräftigen Farben des prachtvollen Palacio Episcopal (1762) in der Sonne, ich bin begeistert.

Zwischen dem Palast und der Kathedrale durch laufe ich an flanierenden Spaziergängern vorbei die die Mittagssonne genießen. Schließlich km41, durch Altstadtgässchen auf die Plaza Constitución am oberen Ende der Calle Marqués de Larios mit der „Zeittunnel“-Beleuchtung. Die Mitte dieser Haupteinkaufsstraße ist uns Läufern vorbehalten. Tosender Applaus am unteren Ende, als ich in die breite und 500m lange Zielgerade Paseo del Parque einbiege. Eigentlich habe ich mein Pulver bereits verschossen und Schmerzen in der rechten Hüftbeuge.

Das junge Mädchen vom Start sehe ich, dort ist sie mir durch ihre Nervosität aufgefallen.

Nun greift sie sich laufend mit beiden Händen an den Kopf und weiß gar nicht wohin mit ihrer Freude. Die ist vollkommen überwältigt.

Zielsprint ist heute keiner mehr drinnen. Andreas Bettingen ruft meinen Namen und knipst. Mehrere aufgeblasene Werbebögen stehen da vor mir, welcher davon markiert das Ziel? Der erste schon einmal nicht. Schließlich ein blauer Teppich, nur mehr ein paar Meter. Nach 4h 26min 03sec beende ich meinen zweiten Málaga-Marathon, 47sec langsamer als im Vorjahr. Im Nu dekoriert man mich mit der Finisher-Medaille. Bis zum Powerade-Stand sind es ein paar Schritte, dann bekomme ich einen Apfel und mein Finisher-Shirt.

Blauer Himmel, 20°C, Palmen, Orangenbäume und das Meer, herrlich. Die Schmerzen sind vergessen.

Dann wird es eng. Im Zielbereich sind jede Menge Leute die nicht gelaufen sind, teils mit Kinderwägen. Ich sehe zu, dass ich aus dem Getümmel rauskomme und übersehe prompt, dass es auch ein Ziel-Bier gegeben hätte.

Ganz stressfrei und schnell bekomme ich meinen Kleiderbeutel zurück. Mit dem Fotoapparat gehe ich die Zielgerade ab, die frei lebenden Papageien kreischen mit dem Zielsprecher um die Wette. Jetzt, etwa 5 Stunden nach dem Start, wird jede/jeder Finisher mit Erwähnung des Namens im Ziel begrüßt.

Das Programm für die zweite Tageshälfte: Nach nahrhaftem Mittagessen und Ziel-Bier in der Trattoria „Romulo y Remo“ machen wir uns auf den Weg zum Museo Automovilistico De Málaga welches in einer ehemaligen Tabakfabrik untergebracht ist. Sehr sehenswert, sowohl die Autos als auch das Gebäude.

Alle Jahre wieder ein Adventurlaub in Andalusien? Also ehrlich, ich kann mir Schlimmeres vorstellen! Visita la ciudad genial!

2.778 Finisher

 

Startgeld: EURO 70,- (für Spätanmelder)

Netto-Zeitnehmung in der Startnummer integriert

Zwei Funktionsshirts, 1 knallbuntes vor dem Start, 1 weißes im Ziel

Versorgungsstellen alle 5km; stellenweise zu wenige Becher

An den Labestellen: Iso ab km15; Bananen, Orangen;

Ziellabe, Duschen; Garderobe im Centre Pompidou

245 pos. Höhenmeter (lt. Garmin von Günther Aigner)

 

Sieger Siegerin

JOHN KIPKORIR MUTAI 2h13:15 NDUNGU PENNINA WANJIRU 2h37:45

(= Sieger 2014, 9sec langsamer als 2014)