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Meine Erfahrungen mit und zum Marathontraining

Ich bin 1997, während meines einjährigen Forschungsaufenthalts in Ohio, USA,  mit 30 Jahren meinen ersten Marathon gelaufen. Damals habe ich mich sehr kurzfristig 4 Wochen vor dem Event dazu entschlossen, es einfach einmal zu probieren. Bis dahin hatte ich das Laufen als Ausgleichs- und Entspannungstätigkeit betrieben. Meine längste Laufdistanz lag bei ca. 20 km, mein durchschnittliches Trainingspensum bei 2-3 Mal pro Woche.

Damals habe ich in der kurzen Vorbereitung so ziemlich alles falsch gemacht: zu viel auf einmal, zu eintönig immer das Gleiche. Seither habe ich mich auf weitere 7-8 Marathons vorbereitet, teilweise unter professioneller Aufsicht. Mittlerweile liegt meine persönliche Bestmarke bei 3 Stunden 5 Minuten. Keine wirkliche Spitzenzeit, auch für Amateure, aber hoffentlich ausreichend, um als ambitionierter Hobbyläufer “mitreden” zu dürfen.

Im folgenden möchte ich meine Erfahrungen zur Marathonvorbereitung schildern:

Es gibt ein Leben nach dem Marathon

Der Weg ist das Ziel. Nicht der Marathonlauf selber und die Wettkampfatmosphäre ist das letztlich entscheidende (wenngleich aber ein wichtiger Höhepunkt). Auch ist ein 42,2 km Lauf an und für sich für den Körper nicht gesund. Wichtig ist aber die damit verbundene Lebenseinstellung, Disziplin und Konsequenz im Training, die einen  Läufer erst in die Lage versetzen, eine solche Distanz am Stück zu bewältigen.
Daher oberstes Gebot: Vermeide Verletzungen durch Überlastung!  Horch auf deinen Körper und reagiere auf seine Signale! Erhalte dir die Motivation! Lebe die Nachhaltigkeit!

Schafft jemand den Marathon in der vorgenommenen Zeit, hört dann aber mit dem Laufen bzw. Training auf (da das Ziel ja nun erreicht ist), so ist das nicht der wahre (Lebens-) Gewinner.

Vergiss nicht auf die Grundlagen

Der wichtigste Aspekt in der Marathon-Vorbereitung sind die “Long-Distance-Jogs” einmal in der Woche. Für mich ist die passende Zeit jeweils der Sonntag-Vormittag. Diese werden im “Fettverbrennungs”- Pulsbereich, also mit geringer Geschwindigkeit, durchgeführt. Ich beginne in der Vorbereitungszeit mit etwa 2 h und steigere die Distanz jede Woche um 1-2 km bis auf 36-40 km. Alle 3-4 Wochen sollte aber regeneriert, d.h. zurückgeschaltet werden.
Viele sagen, dass man im Training nur bis max. 30 km laufen muss oder soll. Für mich sind die längeren Einheiten aber auch ein psychologischer Aspekt, der hilft, die “Angst” vor der Distanz abzubauen.
Früher habe ich die Long-Jogs strikt mit nüchternen Magen (also Sonntag-Morgen ohne Frühstück) absolviert, da man dadurch schneller in den Fettverbrennungsbereich kommt (und nicht genau die Kohlenhydrate von Frühstück am Anfang verbrennt). Inzwischen bin ich nicht mehr ganz so konsequent, bevorzuge aber nach wie vor den “leeren Bauch”.

Warum ist ein Grundlagentraining so wichtig? Dadurch wird im Wesentlichen die Regenerationsfähigkeit erhöht (man kann sich leichter und schneller erholen und somit auch in Summe ein höheres Training absolvieren), andererseits wird die Lauf-Ökonomie gesteigert.

Regeneration hat nichts mit Schwäche zu tun - nur der Dumme verzichtet darauf

Wer permanent aus “gutem  Willen” oder zu hoher Motivation heraus ein zu hartes Training macht, betreibt letztendlich Raubbau am eigenen Körper. Das ist vielleicht gut für die nächste Marathon-Endzeit (aber auch das ist unsicher), schadet aber nachhaltig der gesamten Lebensqualität.

Mein Ratschlag: alle 3-4 Wochen eine Regenerationswoche einlegen. In der Zeit sollte man nicht mit dem Laufen aufhören, aber eben weniger und langsamer. Man braucht auch keine Angst haben, dass man dadurch an Trainingseffekt verliert. Oft ist gerade das Gegenteil der Fall, da man dadurch mehr die Grundlagen trainiert (die erfahrungsgemäß eh oft zu kurz kommen).

Auch wichtig in diesem Zusammenhang: Genügend Schlaf in der Vorbereitungszeit! Da ist natürlich wieder jeder individuell verschieden. Aber es gilt die Faustregel: Für jede zusätzliche Trainingsstunde pro Woche sollte man 20 Minuten pro Nacht länger schlafen.

Richtige Regeneration

Übertraining

Wissen, wann es genug ist

Ich bin überzeugt, dass es wichtig ist, rechtzeitig vor dem Wettkampf das Trainingspensum herunter zu fahren. Mein Tipp: 2 Wochen vor dem Marathon deutlich reduzieren, in der letzten Woche entweder gar nichts mehr laufen oder nur ganz locker und wirklich nicht ohne Anstrengung.

In den letzten beiden Wochen lässt sich nichts mehr aufholen, was man evtl. zuvor versäumt hat. Viel wichtiger ist, die Batterien im Körper möglichst gut aufzuladen und sich auch im Kopf “heiß” für’s Rennen zu machen.

Auch ganz wichtig: In den letzten 2 Wochen viele Kohlenhydrate zu sich nehmen und dabei auf das Trinken nicht vergessen (Faustregel: 1 Gramm Kohlenhydrat braucht 4 Gramm Flüssigkeit).
In den Tagen unmittelbar vor dem Start fühlt man sich dann zwar ein wenig übergewichtig und faul, aber das schadet nichts!

Laufen sollte Stress vermeiden und nicht steigern –> Zeitmanagement!

Wenn man sich seriös auf einen Marathon vorbereiten will, so braucht das Zeit. Und zwar mehrere Stunden in der Woche. Diese Zeit muss man sich in der Regel irgendwo “herunter schneiden”, da man sonst ja auch nicht einfach so herumsitzen würde. Oder doch? Das Zeitmanagement für eine Marathonvorbereitung ist eine sehr gute Gelegenheit, einmal zu überdenken, welche Dinge man mit welcher Priorität nun wirklich in der Freizeit macht. Wie lange sitzt man etwa vor dem Fernseher oder surved im Internet? Welche Sachen kann man einfach weglassen, ohne dass diese groß auffallen? Was lässt sich kombinieren?
Man sollte aber jedenfalls nicht versuchen, zu viele Dinge in die 24 Stunden reinzustopfen und halt einfach weniger zu schlafen (siehe obiger Punkt). Viel mutiger ist da schon, so manche Dinge einfach wegzulassen.

Für mich persönlich stehen die Laufeinheiten übrigens überhaupt nicht im “Wettstreit” mit den anderen Tätigkeiten, da ich diese Zeit sehr gut zum Nachdenken nutzen kann. Beim Laufen kann ich meinen Gedanken nachhängen und diese evtl. vertiefen, da kommen mir oft die besten Ideen. Man kann ich Dinge ordnen und den nächsten Tag planen. Dadurch vermeide ich so manchen Leerlauf, wodurch viel Zeit eingespart werden kann (beachte: Effektivität heißt, die richtigen Dinge tun, während durch Effizienz die Dinge richtig gemacht werden [auch wenn  es eben vielleicht die falschen  Dinge sind]).

Achte auf die Abwechslung

Ich versuche einmal pro Woche eine schnellere Einheit im höheren Pulsbereich zu machen. Diese absolviere ich meist in Form von 10 km auf der 400m-Bahn. Wie oben bereits angeführt sind die Grundlagen sehr wichtig, trainiert man aber nur die Grundlagen, so macht das langsam und “träge”.

Die Abwechslung im Training ist aber auch für den Kopf und die Motivation wichtig, gerade bei längeren Vorbereitungszeiträumen. Viele neigen dann dazu, großteils immer wieder dieselben Strecken zu laufen. Das kann auch einseitig für die Muskel werden.

Daher mein Ratschlag: unterschiedliches Gelände, unterschiedliche Strecken. Auch einmal eine Strecke in der anderen Richtung laufen. Während des Laufens kann durchaus mit dem Tempo gespielt werden, d.h. kurze Sprints einbauen. Sehr effektiv (wenn auch gewöhnungsbedürftig) kann auch sein, wenn man kurze Strecken rückwärts läuft.

Was gehört sonst noch rund herum dazu?

Neben dem reinen Lauftraining sollte man auf die allgemeinen Kräftigungsübungen, Gleichgewichtsübungen (etwa auf dem “Wackebrett”) oder andere Sportarten nicht vergessen. Beim Laufen werden großteils immer dieselben Muskeln beansprucht, auch wenn man am Tempo und den Strecken variiert. Dadurch kann das Verletzungsrisiko steigen.

Diese Übungen sind meist nicht sehr lustig, wenn man etwa an Gymnastikübungen oder Bauchtraining denkt. Sie lassen sich aber ohne zusätzlichen Zeitverlust etwa mit dem Fernsehen kombinieren.


Kommentare

Ich kann die Punkte nur unterstreichen die angegeben sind. Der Marathon an sich ist ein schönes Erlebnis, wenn zuvor das Training konsequnt durchgezogen wird. Meiner Meinung nach ist das besondere nicht am letzten Zahn ins Ziel einzulaufen, sondern die Stimmung mitzuerleben.
Wie schon oben erwähnt sind die Long Distanz Läufe das wesentliche, allerdings würd ich nicht mit leeren Magen laufen, da es wichtig ist den Insulinspiegel aufrecht zu halten. Hier reicht schon ein kleines Frühstück 1-2Std. vor dem Lauf (1-2 Scheiben Vollkorntoast und Honig). Weiters liegen Untersuchungen in der Literatur vor (v.a. Jeukendrup ist hier zu erwähnen), dass der Fettstoffwechsel bei rund 65% der VO2max zu am besten zu trainieren ist. Also bei mittlerer Intensität und nicht wie bisher angenommen bei 40% derVO2max (low Intensity).
Auch die Stellungnahme zur Regeneration kann ich nur bestätigen. Ich würde (und habe auch) bei sämtlichen Trainingsplänen in jeder 4. Woche eine Regenerationswoche eingebauen. Unser Körper braucht Zeit zu superkompensieren. Dadurch erreiche ich nicht nur eine Leistungssteigerung, sondern beuge auch Verletzungen vor. Denn wer ständig seinen Körper belastet, läuft Gefahr seine Strukturen zu schädigen. Weiters ist zu empfehelen in jeder Woche eine Regenerationseinheit einzubauen. Diese Einheit sollte durch eine andere Ausdauerform gestaltet werden. Am besten bietet sich das Radfahren oder Schwimmen an. Daduruch werden immer wieder neue Impulse im Körper gesetzt und steigern die Leistungsfähigket. Denn unser Körper benötigt Abwechslung und scheut die Monotonie.
Bei den Kohlehydrate sollte wie schon erwähnt auf genügend Flüssigkeitszufuhr geachtet werden und bei der Zufuhr sollten v.a komplexe Kohlehydrate verwendet werden.
Am Ende in der Vorbereitungsphase muss das Trainingsvolumen stark herabgesetzt werden. In der Fachsprache Tapering genannt. Hier wird empfohlen 3 Wochen vor dem Tag X den Kilometerumfang auf 75-85% zu reduzieren; 2 Wochen davor um 50-75%; eine Woche davor auf ca. 25% zu reduzieren. Was mir persönlich immer wieder gut tut ist 3-4 Tage zuvor noch eine kurze Intervalleinheit im Wettkampftempo (bsp. 3*1000m). Allerdings würde ich jedem in der letzte Woche raten auf seinen eigenen Körper zu hörchen, denn der sagt einem am besten was er braucht. Wesentlich ist zu wissen, dass man in den letzten 2-3 Wochen den bisher versäumten Trainingsumfang von den letzten Wochen nicht mehr aufholen kann.